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„Egal was die anderen sagen: ich bin da!“ Interview mit wheelymum Teil 2

Von Kindern lernen: immer offen bleiben!

Krass. Gibt es auch pos­i­tive Erfahrun­gen? Wo Du dacht­est: oh, wie wird das jet­zt? Oder wo Du Angst hat­test, und dann ist es wie selb­stver­ständlich gelaufen oder sog­ar richtig gut?

Ja. Oft mit Kindern. Es gibt Sit­u­a­tio­nen, wo auch ich merke, dass ich Vorurteile hat­te oder alles auf meine Behin­derung pro­jiziert habe und wo Kinder durch ihre offene Art geholfen haben.

Zwei kleine Beispiele: Wir waren essen und am Nach­bar­tisch saß ein Junge mit seinen Eltern. Er guck­te immer wieder zu uns rüber und er sagte: „Das kenne ich. Das haben wir auch.“ Und die Mama sagte: „Ja, das ist ein Roll­stuhl. Das hat der Opa. Daher kennst Du das.“ Und der Junge sagte: „Das kenne ich! Das kenne ich! Ich will das aber jet­zt bei uns auch haben!“ Und die Mama sagte wieder: „Ja, der Opa hat das. Mag­ste mal guck­en?“ Und dann kommt er zu uns an den Tisch. Er hat den Roll­stuhl – das habe ich erst dann gemerkt – über­haupt nicht angeschaut, son­dern er kommt an unseren Tisch, nimmt die Stre­ich­holzschachtel, nimmt die mit an seinen Tisch und will dort die Kerze anzün­den, die bei uns gebran­nt hat und bei ihm nicht. Er hat die ganze Zeit nur von der Kerze gere­det und die Erwach­se­nen haben gedacht, er redet von dem Roll­stuhl.

Da habe ich mich sel­ber ertappt gefühlt, weil ich habe gedacht: na klar, wenn die Kinder mich sehen und reden, kann’s ja nur um den Roll­stuhl gehen. Nur weil ich eine Behin­derung habe, heißt das noch lange nicht, dass ich nicht in diese Fall­en tappe.

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„Egal was die anderen sagen: ich bin da!“ Interview mit wheelymum Teil 1

Eine ganz normale Familie

Das Inter­view führte Con­ni von Diver­si­Fam­i­lies und liebevoll autis­tisch.

Ich spreche heute mit Ju, die den wun­der­baren Fam­i­lien- und Inklu­sions-Blog wheely­mum betreibt.

Wir haben uns ken­nen­gel­ernt bei einem Online-Sem­i­nar zum The­ma selb­st­bes­timmte Fam­i­lien­pla­nung für inter, trans und behin­derte Men­schen mit Tris­tan Marie Bial­las, Natal­ie Dedreux und Anne Leicht­fuß beim Familia*Futura Fes­ti­val.

Ich war sehr, sehr froh, dass Du auch da warst, Ju. Ohne Dich wäre ich mir ziem­lich ver­loren vorgekom­men, als eine Per­son, die eine Behin­derung hat und Elter ist.

Ich erlebe das immer wieder, wenn über ähn­liche The­men gesprochen wird: Dann sind wohlmeinende Eltern von Kindern mit Behin­derun­gen da, Sozialarbeiter*innen und teil­weise Men­schen mit Behin­derung, die sehr gut Bescheid wis­sen um die Beschränkun­gen ihrer Selb­st­bes­tim­mung und ihrer repro­duk­tiv­en Rechte aber die tat­säch­lich noch nicht den Schritt zur Eltern­schaft gegan­gen sind oder sich nicht als Eltern posi­tion­ieren. Deswe­gen war das für mich sehr wichtig, dass Du da warst und was Du gesagt hast und deswe­gen wäre meine erste Frage an Dich auch:

Wieviel Mut braucht es heutzu­tage noch um sich als Eltern mit Behin­derung zu posi­tion­ieren?

Ja, genau das war der Grund aus dem ich den Blog wheely­mum  ges­tartet habe. Weil ich dachte, ich kann doch nicht die einzige Mama im Roll­stuhl sein. Mir hat der Aus­tausch gefehlt und ich bin immer noch auf der Suche nach Gle­ich­gesin­nten und diesem Mut, sich zu zeigen.

Ich merke das, wenn ich Fra­gen per Email bekomme, die ich selb­st nicht beant­worten kann oder möchte, weil es sich zum Beispiel um eine andere Behin­derung han­delt oder ein anderes Umfeld. Dann schlage ich manch­mal vor: „Sollen wir die Frage in die Com­mu­ni­ty raushauen, auch gerne anonym?“. Dann kommt oft die Antwort: „Nee, lieber doch nicht.“

Diese Hemm­schwelle ist lei­der immer noch da, die viele daran hin­dert offen zu sagen: „Ich bin Elter, ich habe eine Behin­derung und wir stem­men das trotz­dem.“ oder: „Wir brauchen bei diesem oder jen­em Hil­fe und Unter­stützung, das hat aber nichts mit mein­er Fähigkeit zu lieben und Elter zu sein zu tun.“